Verzeiht meinen verspäteten Weihnachts-Post, aber meine Feiersucht, die Vielweiberei und die akriebsche Arbeit an einem Großprojekt, das ich an dieser Stelle sicher ebenfalls demnächst zeigen werde, liessen mir im alten Jahr keine Zeit einen neuen Blog-Artikel zu verfassen. So lange allerdings noch Schnee liegt und auch fällt, passt das Thema ja dennoch. Ausserdem: Das nächste Weihnachten kommt bestimmt.
Heute möchte ich die Entstehungs-Stadien eines Weihnachts-Wimmelbildes zeigen, um daran exemplarisch Vorgehensweise, Aufbau und Arbeitsaufwand eines solchen Suchbildes zu illustrieren.
Im September 2018 wurde ich beauftragt die Stadt Deggendorf in der bayrischen Oberpfalz für einen Adventskalender zu portraitieren. Dabei ist es wichtig, die Stadt optisch so einzufangen, daß sie für Ortskundige erkennbar bleibt.
Die Planung eines solch komplexen Wimmelbildes beginnt mit der Briefingphase, die für den geneigten Leser unsichtbar, für den Zeichner aber absolut notwendig ist. In aller Kürze also die Aufgabenstellung des Kunden: Die bayrische Kleinstadt Deggendorf sollte auf sympathische Weise dargestellt werden - stark vereinfacht zwar, aber doch erkennbar. Die zahlreichen Geschäfte befinden sich durch Deggendorfs geringe Grösse in erreichbarer Nähe. Rathaus, beleuchteter Weihnachtsmarkt mit Ständen, die typische halbkreisförmige Anordnung der Wohnhäuser, Schlittenhügel, Wald und nicht zuletzt Menschen mussten enthalten sein. Eine zusätzliche Schwierigkeit stellte die Abbildung aller sechzehn Sponsoren dar. Logos und Schriftzüge verschiedener Geschäfte mussten gezeigt werden, entweder am Gebäude, auf Einkaufstüten oder sonstigem. Stimmungsvoll und informativ sollte das Ganze sein, für Einheimische und Kenner der Stadt auf Anhieb erkennbar. Betrachter sollten Spaß daran haben nach und nach die vielen kleinen Details zu entdecken.
Alles in nur einem Bild.
Nach der oben beschriebenen Briefingphase, bekomme ich entsprechendes Fotomaterial vom Kunden, das ich durch intensive eigene Bildrecherche ergänze. Die Recherche ist enorm wichtig, um später zu wissen, wie Häuserfassaden, Strassen und sonstige Eigenheiten der Stadt beschaffen sind. Je mehr Abbildungen aus möglichst unterschiedlichen Perspektiven ich zur Verfügung habe, desto einfacher gestaltet sich die spätere Zeichenarbeit.
Ähnlich wie bei einer Karikatur stürze ich mich hier auf die prägnanten Merkmale, auf das Gesicht der Stadt. Diese Eigenheiten versuchte ich so weit wie möglich zu abstrahieren, zu reduzieren, oder übertrieben gross herauszustellen, ohne die Stadt dabei unkenntlich zu machen. Im Fall Deggendorf eigneten sich dafür am besten die Anordnung der Wohnhäuser, das nahegelegene Skigebiet und das Rathaus mit dem in der Region bekannten Weihnachstmarkt. Ausserdem galt es Ladengeschäfte von Sponsoren zu integrieren.
Die oben zu sehenden, blau gezeichneten Bilder, zeigen die Skizzenphase, deren Ziel es ist, die sehr komplexen Sachverhalte eines Wimmelbildes zu arrangieren, zu organisieren, wegzulassen oder hinzuzufügen - kurz Ordnung zu schaffen, damit später für den Betrachter kein heilloses Chaos entsteht. Hier will ich zeigen, wie ich beginne, bis ich Landschaft, grobe Figuren und die Architektur festgelegt habe. Um Feinheiten, wie die Ausarbeitung der Figuren und die Schaffung einer Farbstimmung, kümmere ich mich später.
Eine gute Wimmelbild-Illustration sollte es schaffen, daß das Auge sich zunächst auf die wichtigen Punkte im Bild konzentriert. Auf den ersten Blick sollte erkennbar sein, worum es in der Abbildung geht. Erst wenn das Interesse des Betrachters geweckt ist, schickt man ihn auf die Suche, bei der er viele kleine Details entdecken kann. Aber dazu weiter unten mehr.
In den Abbildungen darüber sieht man die mittlerweile sehr viel akkurater ausgearbeiteten Figuren, die allerdings später noch einmal mit sehr viel feinerem Strich sauber durchgezeichnet werden, wie im letzten Bild zu sehen. Während dem Zeichnen der Figuren, fallen mir die meisten der kleinen Scherze ein, die später das Suchbild bevölkern werden. Womit wir nur zur Farbe kommen.
Der Wunsch des Kunden war es, eine positive und somit bunte Farbigkeit zu erschaffen. Die Nachtstimmung, das kühle Violett-Blau des Schnees und die dunklen blaugrauen Häuser in Hinter- und Vordergrund schafften die optimale Grundlage, um den Weihnachtsmarkt, in seinen warmen Farbtönen, hell erstrahlen zu lassen.
Diese Wimmelbild-Illustration kostete mich zweieinhalb bis drei Wochen. Ein verhältnismässig geringer Zeitaufwand im Vergleich zu vielen anderen meiner Wimmelbilder.
Einen bildschönen Tag wünscht Euch,
Euer "Ulistrator".
2 Kommentare:
Coole Weihnacht! Sehr schön, ich mag die Dokumentation der einzelnen Arbeitsschritte gern. Greetz aus Hamburg, W.
Danke, Herr Wittek. Freut mich, von Wimmelkünstler zu Wimmelkünstler.
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